War­um wir immer unter­schät­zen, wie lan­ge etwas dau­ern wird

Artikel teilen

Es steht eine Dead­line an. Viel­leicht arbei­test du an einer Haus­ar­beit oder einem wich­ti­gen Pro­jekt für die Arbeit – viel­leicht hast du dir auch ein­fach selbst irgend­ein Ziel gesetzt, an das du dich unbe­dingt in einem bestimm­ten Zeit­raum hal­ten woll­test.

Doch schon wie­der wird die Zeit knapp und die Frist kommt immer näher…und du bist nicht so weit, wie du sein woll­test. Dann geht es auch schon mit Stress und Frust los und du ver­zwei­felst erst recht.

Jedes Mal nimmst du dir vor, die­ses Mal bes­ser zu pla­nen. Jedes Mal nimmst du dir vor, dir mehr Zeit zu las­sen.

War­um pas­siert dir das also immer wie­der?

Viel­leicht liegt es gar nicht an dei­ner eige­nen feh­len­den Wil­lens­kraft – viel­leicht liegt es an einem sehr häu­fi­gen Pro­blem, dem soge­nann­ten Pla­nungs­fehl­schluss.

Die­ser ist eine kogni­ti­ve Ver­zer­rung, mit der jeder zu kämp­fen hat – du bist also bei wei­tem nicht der Ein­zi­ge!


Doch was genau ist der Pla­nungs­fehl­schluss, wie­so lei­den wir alle dar­an und – vor allem – was kön­nen wir tun, um ihn zu über­win­den?

Der Pla­nungs­fehl­schluss

Die­ses gedank­li­che Phä­no­men sagt ein­fach nur aus, dass wir Men­schen eine Ten­denz haben, zu unter­schät­zen, wie lan­ge wir für eine bestimm­te Auf­ga­be brau­chen wer­den.

Das gilt auch dann, wenn wir die­se Auf­ga­be (oder eine ähn­li­che) schon ein­mal gemacht haben und eigent­lich wis­sen müss­ten, wie lan­ge sie braucht. Wegen die­sem Phä­no­men pas­siert es immer und immer wie­der, dass wir plötz­lich zu wenig Zeit für etwas übrig haben und voll­kom­men in Stress gera­ten.

Doch wie­so schät­zen wir den Zeit­auf­wand immer wie­der falsch ein?

Es gibt meh­re­re Grün­de, wes­halb dies der Fall ist:

Der Pla­nungs­fehl­schluss geht mit einer wei­te­ren kogni­ti­ven Ver­zer­rung ein­her: der soge­nann­ten Opti­mis­mus­ver­zer­rung, die besagt, dass Men­schen die Wahr­schein­lich­keit von posi­ti­ven Ereig­nis­sen über­schät­zen und die Wahr­schein­lich­keit von nega­ti­ven unter­schät­zen – aber meist nur in Bezug auf sich selbst und ihre eige­ne Zukunft.

Wir Men­schen den­ken also (über-)optimistisch, wenn wir pla­nen, und den­ken des­we­gen jedes Mal, dass es die­ses Mal anders wird. Das ist teil­wei­se eben eine Über­ein­schät­zung der Wahr­schein­lich­keit eines posi­ti­ven Ergeb­nis­ses (bzw. eine Unter­ein­schät­zung des­sen, dass Unge­plan­tes dazwi­schen­kom­men kann) und auch der eige­nen Fähig­kei­ten oder Mög­lich­kei­ten – und teil­wei­se ist es auch Wunsch­den­ken, weil wir ger­ne hät­ten, dass alles schnell und glatt klappt.

Zudem ana­ly­sie­ren wir unse­re ver­gan­ge­nen Erfah­run­gen oft nicht detail­liert genug (viel­leicht auch, weil es unse­rer Mei­nung nach zu viel Zeit in Anspruch neh­men wür­de – oder weil wir es dank der Opti­mis­mus­ver­zer­rung nicht für nötig hal­ten). Wir den­ken zwar viel­leicht an das letz­te Mal und ver­su­chen, anhand des­sen ein­zu­schät­zen, wie lan­ge wir brau­chen wer­den – doch wir schau­en nicht unbe­dingt auf jedes Detail und jeden Bau­stein der Auf­ga­be und wie viel Zeit die indi­vi­du­el­len Schrit­te in Anspruch genom­men haben.

Was kön­nen wir also dage­gen tun?

Wie schaf­fen wir es nun also, dass es beim nächs­ten Mal wirk­lich anders wird?

Einer­seits ist es schon ein­mal ein wich­ti­ger ers­ter Schritt, über­haupt zu wis­sen, dass es die­ses Phä­no­men gibt – denn dann kann man es schon mit­be­den­ken, wenn man das nächs­te Mal die Dau­er einer Auf­ga­be plant oder ein­schätzt.

Reich­lich Puf­fer­zeit ein­pla­nen

Weiß man es, kann man sich bewusst viel mehr Zeit ein­pla­nen, als man für nötig hält – dann hat man eine gewis­se Puf­fer­zeit. Wenn man sie letzt­end­lich doch nicht (voll­stän­dig) benö­tigt, ist das ja auch gut – dann ist man eben frü­her fer­tig! Doch wenn man sie dann doch benö­tigt, hat man sie und kann somit die­sen unan­ge­neh­men Zeit­druck ver­mei­den, der ent­steht, wenn es knapp wird.

Anhand ver­gan­ge­ner Erfah­run­gen rea­lis­ti­scher ein­schät­zen

Dar­über hin­aus kön­nen wir uns den Zeit­auf­wand von ver­gan­ge­nen Pro­jek­ten, Auf­ga­ben usw. genau­er anschau­en (und viel­leicht bei zukünf­ti­gen auch wäh­rend­des­sen schon doku­men­tie­ren, was wie lan­ge gebraucht hat, um es uns beim nächs­ten Mal ein­fa­cher zu machen). Wir kön­nen die genau­en Schrit­te (und auch Unvor­her­ge­se­he­nes, das dazwi­schen­kam!) ana­ly­sie­ren und somit einen rea­lis­ti­sche­ren Plan für die bevor­ste­hen­de Auf­ga­be erstel­len.

Struk­tu­riert pla­nen

Es ist ohne­hin hilf­reich, die Aufgabe/das Pro­jekt im Vor­hin­ein in vie­le klei­ne Schrit­te zu unter­tei­len, damit wir über­haupt einen Über­blick dar­über haben, was genau gemacht wer­den muss. Das machen wir näm­lich oft nicht (oder eben oft nicht genau genug) und kön­nen daher gar nicht rich­tig orga­ni­siert und rea­lis­tisch ein­schät­zen, was alles getan wer­den muss.

Das alles mag viel­leicht sehr müh­sam oder zu zeit­auf­wen­dig klin­gen, doch es spart uns in Zukunft die­se Zeit und vor allem die­sen Stress, der aus dem Pla­nungs­fehl­schluss resul­tiert – und des­we­gen lohnt es sich.

Ande­re Men­schen um Hil­fe bit­ten

Eine wei­te­re mög­li­cher­wei­se hilf­rei­che Tak­tik ist es, ande­re Men­schen nach ihrer Ein­schät­zung zu fra­gen – am bes­ten wel­che, die sich mit die­sem bestimm­ten Pro­jekt oder die­ser Auf­ga­be nicht aus­ken­nen. Du kannst ihnen im Gro­ben schil­dern, was getan wer­den muss (das hilft dir auch beim Sor­tie­ren und Struk­tu­rie­ren) und sie dann nach ihrer Zeit­ein­schät­zung fra­gen. Die Opti­mis­mus­ver­zer­rung ist näm­lich nor­ma­ler­wei­se nur dann vor­han­den, wenn es um unse­re eige­nen Sachen geht. Ande­re Men­schen wer­den dir eher rea­lis­ti­sche oder sogar pes­si­mis­ti­sche Ein­schät­zun­gen geben (also über­schät­zen, wie lan­ge es braucht), was dir im End­ef­fekt auch wie­der Puf­fer­zeit geben könn­te!

Hof­fent­lich fühlst du dich nun bes­ser gewapp­net, an zukünf­ti­ge Pro­jek­te ran­zu­ge­hen – und hof­fent­lich weißt du jetzt, wie du die­sen ver­meint­lich unver­meid­ba­ren Zeit­stress umge­hen kannst! Wir wün­schen dir viel Erfolg dabei!

https://de.wikipedia.org/wiki/Planungsfehlschluss https://lexikon.stangl.eu/33838/planning-fallacy https://www.youtube.com/watch?v=h‑1icJainvo&t=43s https://www.behavioraldesign.de/verzerrungen-bias/optimismusverzerrung-optimism-bias/ https://thedecisionlab.com/biases/optimism-bias
spot_img

Auch lesenswert

Intui­ti­ves Essen: Die 10 Prin­zi­pi­en

Hast du eine komplizierte Haltung zu Essen? Hast du es satt, Kalorien zu zählen und trotzdem nicht zufrieden mit deinem Körper zu sein? Vielleicht kann dir vielleicht dieser Beitrag dabei helfen, deine Beziehung zu Essen zu heilen und endlich Frieden mit deinem Körper zu schließen. Wir stellen dir das Konzept des intuitiven Essens sowie seine 10 Leitprinzipien vor.

Kai­zen: Die japa­ni­sche Phi­lo­so­phie für ein erfüll­te­res Leben

Kennst du den Begriff „Kaizen“ schon? Der Grundgedanke dieser japanischen...

Die­se Akti­vi­tä­ten schüt­ten Glücks­hor­mo­ne aus

In diesem Beitrag findest du ein paar im Alltag leicht umsetzbare Tipps, um die Produktion von sogenannten "Glückshormonen" in deinem Körper anzukurbeln und dich somit besser zu fühlen!

So kannst du dei­ne Moti­va­ti­on stei­gern

Hast du dich schon mal gefragt, warum du es oft nicht schaffst, motiviert zu bleiben – auch wenn du weißt, dass du etwas tun musst? Mit den Informationen in diesem Beitrag gelingt es dir vielleicht, endlich mal was daran zu ändern und mehr Motivation für alle möglichen Aufgaben in deinem Leben zu finden.

Durch „Tempt­a­ti­on Bund­ling“ gesun­de Gewohn­hei­ten attrak­ti­ver gestal­ten

In diesem Beitrag wird kurz zusammengefasst, was unter dem Begriff "Temptation Bundling" zu verstehen ist. Dies ist ein Konzept, dass im Bestseller-Buch "Atomic Habits" (Deutsch: "Die 1%-Methode") von James Clear vorgestellt wird und die hilfreich ist, wenn man gesunde Gewohnheiten in seinem Leben etablieren möchte.

So kannst du neue Gewohn­hei­ten effek­tiv eta­blie­ren (und alte los­wer­den)

Findest du es schwer, gesunde Gewohnheiten langfristig beizubehalten? Finde in diesem Beitrag heraus, wie du sie nachhaltig etablieren kannst - und wie du deine schädlichen Gewohnheiten loswirst!
- Advertisement -spot_img